Dekanat Rheingau-Taunus

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Dirk Augustini ist seit über 35 Jahren Küster und Glöckner

„Ich habe keinen einzigen Tag bereut“

(c) DekanatDirk Augustinin läutet regelmäßig die Glocken von Hand. Er steht im Gang der kleinen Barockkirche und hält in jeder Hand ein GlockenseilDirk Augustinin läutet regelmäßig die Glocken von HandDirk Augustinin läutet regelmäßig die Glocken von Hand

Wenn Dirk Augustini von der kleinen die kleine Borner Fachwerkkirche erzählt und über seine Aufgaben, dann leuchten die Augen. „Ich habe noch keinen einzigen Tag hier bereut“, erzählt der 60-jährige, der jetzt mit seiner Frau Renate Klingelhöfer, einst auch Pfarrerin für Born-Watzhahn, in Breithardt lebt. Jeden Tag müssen die Glocken in der über 300 Jahre alten Kirche von Hand geläutet werden, erzählt Augustini.

(c) DekanatGlockenseile der drei Borner GlockenGlockenseile der drei Borner Glocken

Dafür hatte er seine „Läutebuben“, unter denen auch Mädchen waren. Ihre Aufgabe war es jeden Tag von 17.50 Uhr bis 18 Uhr für das „kommunale“ Abendläuten zu sorgen. Inzwischen hat die Familie des letzten Läutebubs das werktägliche Läuten übernommen. Im Sommer wird der Abend eine Stunde später „eingeläutet“ und am Wochenende werden gar zwei Glocken geläutet, das übernimmt der Küster.

Bis 1997 musste Augustini die Kirchturmuhr jeden Tag selbst von Hand aufziehen, das Uhrwerk war „wetterfühlig“, reagierte auf Hoch- und Tiefdruck, deshalb musste das Laufwerk immer wieder mit Gewichten nachjustiert werden. „Wer kann schon sagen, dass er Herr über die Zeit ist?“, fügt Dirk Augustini verschmitzt hinzu.

„Glocken bringen einem Demut bei“

Das Gottesdienstgeläut und das Festgeläut übernimmt der Küster selbst. „Die Glocken geben Dir den Takt vor, Du musst Dich ganz auf den Schwung der Glocken einlassen. Die Glocken bringen Dir Demut bei “, erzählt Augustini fast ehrfürchtig. Wenn er alleine in der Kirche ist und die Glocken läutet, kann er oftmals über ihm einen Oberton hören, der durch den Klang der zwei Glocken entsteht. „Das ist für mich Gottesdienst, das ist für mich Meditation“, sagt er. Zehn Minuten läuten die Glocken, abends und vor dem Gottesdienst. Damit rufen sie die Borner zur Gottesdienstfeier. „Viele machen sich erst beim Klang der Glocken auf den Weg und kommen dann hoch zur Kirche“, weiß der Küster. Seit 1954 hängen drei Glocken in der Kirche, die älteste davon ist eine Bronzeglocke aus dem Jahr 1729.

Der Besuch selbst sei gut in der kleinen Kirche. Wenn die Menschen da sind, dann hat Augustini schon etliches in der Kirche vorbereitet. Der Altardienst ist ihm ebenso wichtig, wie den Gottesdienst vorzubereiten. Seit 1988 verrichtet Augustini, der gelernter Schreiner und Modellschreiner ist, den Küsterdienst in der Borner Kirche. Seit dem ist er auch „der Bauausschuss“ in Person. Hegt und pflegt die Kirche, nimmt kleine Reparaturen – auch am Fachwerk - selbst wahr und ist Ansprechpartner für Denkmalschutz und die Bauabteilung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), wenn es etwa um größere Sanierungen geht. Seine fachliche Expertise wird gerne gehört.

„Simultankirche“

Seit Ende der Siebziger Jahre des vergangenen Jahrtausends bis 2017 wurde die Kirche „simultan“ von Evangelischen und Katholischen Christen genutzt. Vor 1945 gab es in Born nur drei Katholiken, erzählt Augustini. Er war der jüngste Küster in der EKHN, als er seinen Dienst aufnahm. Heute ist er auf jeden Fall einer der letzten Glöckner in der EKHN und vermutlich auch deutschlandweit. Der gebürtige Geisenheimer liebt „seine Kirche“ und „will die Kirche so lange in Schuss halten, wie es nur geht.“ Auch bei den Restaurierungsarbeiten hat Augustini selbst mit Hand angelegt. „Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben mir immer freie Hand gegeben“, sagt er dankbar und voller Anerkennung. „Und der Kirchenvorstand hat mir als Kirchenvorsteher und Küster vertraut“.

Augustini kann viel über die Geschichte der kleinen Kirche erzählen. Etwa, dass zu Beginn nur der Altar und die Kanzel in der Kirche waren, keine Bänke und auch keine Orgel. 1789 wurde dann eine Schöler-Orgel (Kategorie 1) eingebaut, erzählt der Küster, der unter anderem zum 300-jährigen Jubiläum auch eine Festschrift zusammen mit Helmut Hertel herausgebracht hat.

Mittler zwischen den Konfessionen

Dirk Augustini, der sich selbst als „der erste Hausmann in Born“ beschreibt, ist zudem seit Jahrzehnten für den ökumenischen Gemeindebrief der Evangelischen und Katholischen Kirchengemeinden Born-Watzhahn verantwortlich und so etwas wie ein „Mittler zwischen den Konfessionen“. „Ich war auch mal Messdiener“, sagt er schmunzelnd.

 

Darüber hinaus engagiert er sich ebenfalls seit über drei Jahrzehnten für den Küsterbund und versucht das Image und den Stand des Berufes zu verbessern. Etwa durch Fortbildungen für Küsterinnen und Küster, bei Gehaltsverhandlungen in der Kirchenverwaltung. Küster, „custos“. bedeutet in etwa „Der Türsteher oder der Mann mit dem Schlüssel“, erklärt Dirk Augustini. Der Beruf sei „mehr als ein Hilfsjob“ und enorm wichtig und komme schon in der Bibel vor.

 

Kirche mit Promistatus

Die Borner Kirche hatte zeitweise sogar Promistatus, weiß der 60-jährige zu erzählen. Anfang der 90er Jahren wurde in Hohenstein die Fernsehserie „Ein Fall für Zwei“ mit Rainer Hunold und Claus Theo Gärtner gedreht und unter Promis bekannt. Franz Beckenbauer war bei einer Konfirmation als Gast da, was sich natürlich schnell herumsprach. Manfred Krug und sein Kollege Charles Brauer kamen zum Abendgeläut<s>.</s> Renate Kohn, die Fernsehsekretärin aus „Ein Fall für Zwei“ heiratete in Born und auch andere bekannte Persönlichkeiten wollten gerne in der Kirche heiraten. Aber als man etwa das Kreuz auf dem Altar gegen Ikebana Schmuck austauschen wollte, habe er als Küster nicht mehr mitgespielt und danach sei wieder mehr Ruhe eingekehrt.

Auch die farblichen Angleichungen in der Kirche nahm Augustini nach historischen Angaben vor. „Das ist meine Kirche“, schwärmt Augustini. Es gehe ihm nicht um das Geld, „der Raum birgt Erfüllung“. „Die Pfarrer gehen, der Küster bleibt“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Er habe eine ganz besondere Beziehung zu der Kirche, so Augustini. Und wenn er durch die Kirche geht, dann spürt er die Ruhe, Erhabenheit und Geschichte.

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