Fortbildung in Prag
Besuch der Evangelischen Kirchen in Prag
(c) Dekanat / C.WeiseHäuserfront mit Jan Hus der Zentrale der Evangelischen Kirche in Prag22.10.2018 cw Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
(c) Dekanat / C. WeiseBlick auf die KarlsburgDie Zahl der Gemeindeglieder bei den Evangelischen Gemeinden ist recht klein. In den Außenbezirken Prags und im Umland sind es teilweise nur 200 Mitglieder. Kirchensteuer gibt es keine, und auch der Staat wird bis zum Jahr 2023 seine Zuschüsse einstellen. Man ist auf die Spenden der Gopttesdienstbesucher angewiesen.
Nur gut zehn Prozent der Menschen in Tschechien sind Christen. Eine Million Tschechen sind katholisch, nur knapp ein Prozent sind Evangelisch. Die große Mehrheit gehört keiner Konfession an. Einen Staatskirchenvertrag gibt es nicht, schlichtweg, weil die Kirchen kaum eine politische Bedeutung im Land haben. Immer wichtiger werde aber die Diakonie, berichteten die Vertreter übereinstimmend. Sie werde auch von der Gesellschaft positiv wahrgenommen.
Pfarrerin Hana Tonzarova von der Hussitischen Kirche sagte, dass es offiziell 39.000 Mitglieder in ihrer Kirche - benannt nach dem Reformator Jan Hus - gibt. Vermutlich sind es etwa 70.000, aber viele trauen sich noch nicht öffentlich die Zugehörigkeit zuzugeben. Das liege an den schlechten Erfahrungen, die die Menschen und Familien im Kommunismus gemacht hätten.
Wie Pfarrer und Kirchengemeinden mit dieser Situation und der Unsicherheit der Finanzierung von Berufsstand und Gemeinden umgehen, darum ging es in zahlreichen Gesprächen vor Ort. Auch das ehrenamtliche Engagement sei in Tschechien nicht so ausgeprägt, berichteten die Gesprächsteilnehmer.
Im 15. Jahrhundert gelang es den "Modernisten" innerhalb der katholischen Kirche in Böhmen das, was Luther nicht gelang: Sie bekamen Ausnahmeregeln wie freie Verkündigung, Abendmahl in beiderlei Gestalt und Religionsfreiheit. Nach 1620 brach das alles zusammen, bis die Kirche sich erst 1920 neu gründete.
Noch heute spürt man, wie sehr die Kirchen unter der Nazidiktatur und der kommunistischen Herrschaft gelitten haben. Besonders erschreckend war für die Teilnehmenden, dass es beispielsweise kaum Bedürfnisse nach Ritualen, etwa bei Bestattungen gibt. Schon gar nicht bei nicht-konfessionellen Beerdigungen. Aber auch bei einer kirchlichen Bestattung kann es vorkommen, dass die Angehörigen erwarten, dass der Pfarrer oder die Pfarrerin den Verstorbenen alleine bestattet.
Auslandspfarrerin Elisabeth Veronika Förster-Blume berichtete von ihrer Arbeit in der tschechischen Hauptstadt. Man habe keine eigene Kirche und sei immer zu Gast. "Es ist schön sonntags für zwei, drei Stunden mit Menschen aus aller Welt Gottesdienst zu feiern", sagte sie in der Kirche St. Martin in der Mauer. Kirchenvorsteher verließen aus beruflichen Gründen schon nach wenigen Jahren die Stadt, und auch die Angebote müsse man jährlich wechseln, weil sich der Bedarf ständig ändere.
Höhepunkt der Reise war sicherlich die Führung durch das jüdische Prag mit Jonas Plisek. Besuche in drei Synagogen, unter anderem der europaweit zweitgrößten Spanischen Synagoge, sowie dem jüdischen Friedhof waren sehr beeindruckend.
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