Prädikantin
1.000 Gottesdienste im Ehrenamt - Uschi Kehder predigt, tauft und traut seit über 30 Jahren
(c) DekanatUschi Kehder vor dem Ehrenbacher Türmchen11.07.2024 cw Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Ich erlebe so viele schöne Geschichten, deshalb mache ich das“, sagt sie strahlend. Und freut sich, wenn sie Menschen durch ihren Dienst, den sie seit 1990 versieht, glücklich machen kann. Ihren ersten Gottesdienst feierte sie 1990 an Heiligabend an ihrem heutigen Wohnort, im Ehrenbacher Türmchen. Der vermutlich kleinste Gottesdienstort im Evangelischen Dekanat Rheingau-Taunus. „Da hatte ich noch gar nicht die Prüfung abgelegt“, verrät sie mit einem Augenzwinkern. Aber der damalige Gemeindepfarrer, Utz Machert, habe ihr vertraut und zu ihr gesagt „Mach mal!“. Ein Vertrauen, dass sie auch beim späteren Dekan und heutigen Propst Oliver Albrecht erleben durfte. Ihr Mann hatte damals die Kirche mit Kerzen umstellt, im Anschluss an den Gottesdienst gab es „Sekt mit Licht“.
Es sind mittlerweile unzählige Amtshandlungen, die sie für die Evangelische Kirche vollzogen hat. „Bei der 70. Taufe und der 100. Trauung habe ich aufgehört zu zählen“, lacht sie.
Bundesverdienstkreuz seit 2010
Lange Jahre saß die gelernte Arzthelferin auch im Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Oberauroff, viele Jahre davon als Vorsitzende. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, das ihr bereits 2010 in Berlin von dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wullf für ihr gesellschaftliches Engagement persönlich verliehen wurde, mag es eigentlich gar nicht im Rampenlicht zu stehen. „Ich bin lieber die graue Eminenz im Hintergrund“, sagt sie.
Als Prädikantin mit weltlichem Beruf „bringe ich viel von meinem Leben und Menschlichkeit in die Predigten hinein“, erklärt sie. „Ich setze mich in aller Ruhe hin und lese den Predigttext oft durch“, erklärt sie ihre Vorgehensweise. „Dann brüte ich erst ein Mal.“ Wichtig sei ihr, dass die Predigt verständlich sei. „Jesus hat dem Volk auf Maul geschaut“, ist sie sich sicher. Das Schreiben der Predigt habe für sie etwas Entspannendes. „Das ist etwas für den Geist.“ Spätestens Freitagabend steht die Predigt und der Gottesdienst und ist so vorbereitet, dass im Falle eines Falles auch jemand anders ihn halten könnte.
Viele Geschichten mit Menschen
Geschichten über Menschen, kann sie viele erzählen. Etwa über die Frau die eines Tages bei ihr im Gottesdienst erschien und immer kam, wenn Kehder predigte. Nach einem Jahr kam die Dame zu Uschi Kehder und verabschiedete sich von ihr, sie ziehe demnächst um. Durch Kehders Art habe die Frau wieder zum christlichen Glauben gefunden. „Ein schöneres Kompliment kann man nicht machen“, so Kehder sichtlich beeindruckt. Der Tipp der gebürtigen Duisburgerin, nicht nur an die Dame: „Suchen Sie Gemeinschaft und geht als Christen offen und ehrlich miteinander um.“
Uschi Kehder ist eine Frau, die nicht Nein sagen kann oder konnte. Sie hat sich in Vorstand des Dekanats Idstein engagiert, war Delegierte der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), leitete Jungschargruppen, war im Vorstand der Diakoniestation, hat über 30 Jahre den Seniorinnenkreis geleitet und Übungsleiterin im örtlichen Sportverein. Bis zu acht verschiedene Ehrenämter hatte sie inne. „Ich habe mein Leben lang gelernt“, nennt sie einen Grund für ihren Eifer und Engagement noch im hohen Alter.
Neben dem Prädikantendienst ist die Notfallseelsorge ihr „liebste Amt“. Noch heute engagiert sie sich in der Notfallseelsorge, die sie damals mit Pfarrer Andreas Pohl und drei weiteren Mitgliedern der Dekanatssynode aufgebaut hat. Heute macht sie „nur“ noch den Hintergrunddienst oder übernimmt Einsätze in der unmittelbaren Nähe. „Nur zu Sterbefällen mit Kindern gehe ich nicht mehr“, erklärt sie ernst. Noch heute habe sie nachts Flashbacks von zwei Einsätzen mit verstorbenen Kindern, die kurz hintereinander aufkamen.
Kennt (fast) alle Kirchen in der Region
Es gibt wohl kaum eine Kirche im Evangelischen Dekanat, in der die 80-jährige noch keinen Gottesdienst gehalten hat. Viele der Kinder aus ihren Ehrenamtszeiten hat sie getauft, getraut und auch deren Kinder getauft. Und sehr oft, springt sie spontan ein, wenn eine Pfarrerin oder ein Pfarrer ausfällt. Auch eine 9-monatige Vakanz in ihrem Kirchspiel hat Uschi Kehder gut überbrücken können.
„Das, was ich vermitteln möchte, muss ich vorleben“, ist ihre Devise. Es sei ihr ein Bedürfnis gewesen, Prädikantin zu werden, weil sie „die Freude, die der christliche Glaube bringt“, anderen Menschen nahe bringen möchte. „Lebendiger Glaube ist etwas Tolles“, strahlt sie. Und das fange schon im Kindesalter an. „Als Christen sind wir nie alleine“, sagt sie fröhlich.
Noch heute motiviert sie andere Menschen, sich für das Amt der Prädikantin oder des Prädikanten ausbilden zu lassen. Und gibt diesen Menschen auch gerne Tipps.
„Gott hat mich mit soviel Mut, Humor und Kraft ausgestattet und vor allem damit, dass ich gleichzeitig noch andere Menschen motivieren kann Gleiches zu tun“, sagt sie dankbar. Ans Aufhören denkt Uschi Kehder deshalb vorerst nicht. „Solange meine Kirche mich beauftragt und ich gesund und fit bin“, mache sie gerne weiter.
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