Dekanat Rheingau-Taunus

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Rheingau-Taunus zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

AngeboteÜbersicht
Menümobile menu

Propst über Zukunft der Evangelischen Kirche

Schmerzhafte Entscheidungsprozesse

(c) DekanatPropst Oliver AlbrechtPropst Oliver Albrecht

Propst Oliver Albrecht hat zu den knapp 80 Synodalen der digitalen Dekanatssynode Rheingau-Taunus über die Zukunft der Evangelischen Kirche gesprochen. Man käme um Kürzungen nicht herum und müsse deshalb mehr in Nachbarschaftsräumen denken und sich von Arbeitsbereichen in Würde verabschieden. Das sei ein sehr schmerzhafter Prozess.

(c) DekanatDigitale DekanatssynodeDigitale Dekanatssynode

„Die Evangelischen Kirchen in Deutschland sind im letzten der sieben fetten Jahre“, sagte der Propst für Rhein-Main, der eine der acht Arbeitsgruppen EKHN 2030 innerhalb der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) leitet. Gleichzeitig mahnte er zu Demut, denn bei allen sich abzeichnendem Mangel und beginnender wie erahnter Reduzierung gehöre die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) weltweit zu den reichsten Kirchen der Welt, was die personellen wie finanziellen Ressourcen, die Ausstattung mit Gebäuden, Technik und Fahrzeugen betreffe.

„Biblisch gedeutet aber sollen die sieben fetten Jahre genauso wenig in die Bequemlichkeit führen wie das letzte, das siebte, in die Panik oder noch schlimmer: in schon beginnende Verteilungskämpfe“, betonte Albrecht.

Laut Propst befinde man sich in der ersten von drei Phasen des letzten „fetten“ Jahres. Verknappungen könnte man durch Kürzungen am besten und gerechtesten mit linearen Kürzungen umsetzen, deshalb werden hier rein formale Kriterien im Prozess zur Geltung kommen. Dabei müssten sich die Kürzungen „auf alle Felder kirchlichen Handelns erstrecken, Leitung und Verwaltung genauso einschließen, wie nicht-gemeindliche Felder kirchlichen Handelns, Zentren und Akademien. „Wenn dieselbe Arbeit von weniger Menschen immer noch gut und gerne gemacht werden soll, wenn zwar nicht die Gemeindegliederzahlen pro Pfarrstelle wachsen, aber die Region sich immer weiter dehnt und parochial gar nicht mehr gedacht werden kann, dann bedarf es auch theologischer Konzepte von Kirchenleitung vor Ort, um nicht in Überforderung und Erschöpfung zu enden,“ erklärte Oliver Albrecht.

Mehr Kooperation und Nachbarschaftsräume

Deshalb müsse man die Kirche neu in Nachbarschaftsräumen denken. „Wir müssen uns trauen, in multiprofessionellen Teams gabenorientiert zu arbeiten.“ Dabei treibe die Verantwortlichen „kein zentralistischer Fusionseifer“, sondern die einfache Erkenntnis, dass so Vieles gemeinsam einfach besser gehe, und die seelsorgerische Einsicht, dass so viele Ehren-und Hauptamtliche zur Zeit in ihrer Kirche mehr Kraft verlieren als bekämen, sagte er zu den Vertreterinnen und Vertretern aus den Kirchengemeinden und Diensten.

Es gäbe aber auch bereits jetzt  - vor allem auf den mittleren Ebenen - die Erfahrung, dass man nicht noch eine Fusion oder Kooperation, noch größere Flächen, noch mehr Zuständigkeiten schaffen könne.

Paradigmenwechsel in der EKHN steht an

Man stehe deshalb in der EKHN vor einem Paradigmenwechsel: „Wir werden uns von bestimmten kirchlichen Arbeitsbereichen und Handlungsfeldern komplett verabschieden müssen. Wir werden weder in der Fläche (geographisch) noch von den Aufgaben (theologisch) alles so weitermachen können. Und jetzt wird es schwierig und schmerzhaft“, sagte Oliver Albrecht in Taunusstein. „Denn theoretisch sehen das alle ein. Aber praktisch könnte es eben genau die eigene Gemeinde, den eigenen Arbeitsbereich treffen.“

Deshalb forderte der Propst, Seelsorger für 470 Pfarrerinnen und Pfarrer im Rhein-Main-Gebiet, dass nun die Zeit gekommen sei, „Angebote mit Würde und Abstand“ zu beenden. Sonst fehle einem die Energie für neue Herausforderungen und man habe die „Hände nicht frei.“

In der zweiten Phase des Reduktionsprozesses müsse man sich unter anderem fragen, mit welchem Arbeitsbereich kirchlichen Handelns die Mitglieder in der Weise erreicht werden, dass ihnen die Kirchenmitgliedschaft weiter wichtig und wertvoll bleibe. „Wie muss die Kirche in der Region präsent sein, dass sich Menschen neu zu einer Mitgliedschaft in der Kirche entscheiden?“ Albrecht machte keinen Hehl daraus, dass es bei den Überlegungen im Zukunftsprozess auch um „Kirchensteuereinnahmen gehe sowie um gesellschaftliche Relevanz.“

Kirche steht möglicherweise vor Zerreißprobe

Jedoch würden viele Bereiche kirchlichen Handelns gar nicht in direkten Kontakt zu Kirchenmitgliedern treten, würden aber entscheidende Unterstützung für die, die in diesem Kontakt stehen liefern. „Wir würden Arbeit erschweren oder unmöglich machen, wenn wir in diesen Bereichen unbedarft kürzen oder gar schließen. Bloß ist zu unterscheiden, wer nur das – zu früherer Zeit vielleicht einmal berechtigte – Gefühl hat, er würde diese Unterstützung liefern. Und wer das tatsächlich tut.“ Ihm sei klar, dass diese Entscheidungsfindungsprozesse die Kirche vor gewaltige Zerreißproben stelle, Loyalitätskonflikte provoziere und mit dem Risiko folgenschwerer Irrtümer behaftet seien. Deshalb brauche man hier eine Kultur des Abschieds und der Würdigung sowie das Element der Fürsorge.

Propst Oliver Albrecht sagte, das bedeute konkret für das finanzpolitisch kirchenleitende Handeln, dass es nicht „die einzige Aufgabe dieser Generation sei, „die Evangelischen Kirchen in Deutschland irgendwie anständig abzuwickeln“, was an sich schon schwer genug sei. „Sondern wir müssen derzeit noch mehr sparen, um den Verantwortlichen späterer Generationen noch irgendeinen Spielraum zu lassen.“

Man müsse der kommenden Generation schon jetzt Ressourcen anvertrauen, dass diese in „Nullpunkt-Szenarien“ Kirche nicht nur neu denken, sondern auch gestalten könne. „Denn das Saatgut muss jetzt in die Erde, wenn es Frucht tragen soll an dem Tag, da die Vorräte zu Ende sind.“

Vakanzen, Kirchenvorstandswahlen und Nachbarschaftsräume

Im Bericht aus dem Dekanat erklärte Präses Patricia Garnadt den Synodalen, dass das Dekanat demnächst etliche Vakanzen verkraften müsse. So werden Pfarrer Michael Koch (Niederseelbach) und Frank Seickel (Kemel und Springen) auf andere Stellen wechseln. Pfarrer Hanns-Ulrich Becker (Bad Schwalbach) wird im April und Pfarrerin Esther Kutscher-Döring (Bleidenstadt und Born) im Oktober in den Ruhestand verabschiedet. In Rüdesheim sei die Pfarrstelle derzeit auch noch vakant. Dekanatsjugendreferent Paul-Martin Schenk wechselt nach 20 Jahren Jugendarbeit in die Klinikseelsorge nach Frankfurt.

Am 13. Juni werden in der EKHN die ehrenamtlichen Kirchenvorstände neu gewählt. In 49 von 51 Kirchengemeinden könnten die Wahlen durchgeführt werden. Lediglich Heidenrod-Zorn wird den Ersatztermin am 5. September wahrnehmen. Adolfseck und Bad Schwalbach strebten einen Zusammenschluss an.

Für den digitalen und dezentralen ökumenischen Kirchentag werden die Leitungen der christlichen Kirchen aus der Region ein gemeinsames Gebet als Zeichen der Verbundenheit in der Region und mit dem Kirchentag veröffentlichen.

Präses Garnadt berichtete ferner, dass im Zuge der Überlegungen EKHN 2030 künftig in Nachbarschaftsräumen von 3.000 bis 6.000 Gemeindegliedern sowie mindestens drei Personen im Verkündigungsdienst (Pfarrer, Gemeindepädagogen, Kirchenmusiker) und gemeinschaftlicher Gebäudestruktur gedacht werde. „Die Entwürfe aus den Projekt-Arbeitspakten „Kooperation“, „Verkündigungsdienst“  und „Gebäude“ sehen diese Einheiten der Nachbarschaftsräume als Grundlage zur Planung von Stellenbewertung und Gebäudestruktur vor.“ Dabei sei vorgesehen, dass die Dekanate die Nachbarschaftsräume festlegen und Mittler zwischen den Planungsvorgaben der Kirchenverwaltung und den Umsetzungsvorschlägen aus dem Nachbarschaftsraum seien.

Hintergrund Dekanat und Synode

Das Dekanat Rheingau-Taunus erstreckt sich auf einer Fläche von über 800 km² vom Rheingau über Bad Schwalbach, Schlangenbad, Aarbergen, Heidenrod, dem, Untertaunus mit Taunusstein und Hohenstein, dem Idsteiner Land (Idstein, Hünstetten, Waldems, Niedernhausen) bis hin nach Glashütten und nach Bad Camberg.

Die Dekanatssynode ist eine Art Kirchenparlament, wenngleich es keine Fraktionen gibt. Neben der „vornehmsten Aufgabe“: über den Haushalt zu entscheiden, trifft die Synode auch wichtige Personalentscheidungen. Darüber hinaus informiert sich die Synode über die Arbeit im Dekanat und arbeitet durch die Festlegung der Arbeitsziele im Dekanat an der Entwicklung einer „Kirche in der Region“ mit.

Die öffentlichen Sitzungen der Synode finden in der Regel zweimal jährlich statt. Ein Vorsitzender (Präses) - in diesem Fall Patricia Garnadt (Niedernhausen) - leitet die Dekanatssynode.

Insgesamt sind im Dekanat Rheingau-Taunus und den dazugehörigen Kirchengemeinden etwa 500 Menschen haupt- und nebenamtlich angestellt, darunter 47 Pfarrerinnen und Pfarrer. Das Evangelische Dekanat Rheingau-Taunus hat etwa 49.000 Mitglieder.

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top