Seit dem 1. Juli brennt wieder Licht im Pfarrhaus in Niederseelbach. Pfarrerin Antonia von Vieregge ist dort mit ihrer Familie eingezogen. Schon vor ihrem offiziellen Dienstantritt war von Vieregge präsent und hielt an Pfingsten anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Niederseelbach den Festgottesdienst. „Es gibt kaum eine bessere Gelegenheit sich einerseits im Ort bekannt zu machen und andererseits viele Menschen und Persönlichkeiten kennenzulernen“, sagt die 36-jährige.
Auch der Schulabschlussgottesdienst der Grundschule in Niederseelbach bot eine solche Gelegenheit. Von Vieregge verstärkt das Verkündigungsteam im Nachbarschaftsraum B, im Evangelischen Dekanat Rheingau-Taunus. Dazu gehören Wallrabenstein, Wörsdorf, Idstein, Niedernhausen und Niederseelbach. Schwerpunkt wird die Arbeit in den Dörfern in Niederseelbach, Oberseelbach, Dasbach, Engenhahn und Lenzhahn sein. Vor ihrem ersten Gottesdienst in der Johanneskirche hielt sie im Rahmen der Sommerkirche bereits zwei Gottesdienste in der Unionskirche in Idstein. „Das zeigt ganz gut, dass ich nicht an einem Ort fest gebunden bin, auch wenn mein Schwerpunkt hier in der Region ist.“
Viele Auslandserfahrungen
Sie verantwortet – gemeinsam mit dem Niedernhausener Pfarrer Stefan Comes - die Arbeit mit den Konfirmanden aus Niedernhausen und Niederseelbach, trotz ihrer halben Stelle. Dafür wird Comes den Schulunterricht für sie übernehmen. „Das ist ein guter Start, da ist man als Team gleich sichtbar“, findet Antonia von Vieregge, die davor sechs Jahre in der Frankfurter Michaelisgemeinde Berkersheim Pfarrerin war. In der Region ist die Pfarrerin keine Unbekannte. 2016/2017 absolvierte sie ihr Vikariat (vergleichbar mit dem Referendariat bei Lehrern) bereits in Heftrich und Bermbach. Aufgewachsen ist von Vieregge im Taunus und sammelte viele Erfahrungen in der Gemeindearbeit in Niederhöchstadt. Weitere Stationen im Leben waren ein Ausland-Jahr in Ecuador, Südafrika - wo sie ihre Examensarbeit schrieb - sowie ein halbjähriger Aufenthalt mit ihrer Familie in Dallas. Ihr Theologiestudium führte sie nach Mainz, Greifswald, Tübingen, Heidelberg und Pretoria.
Antonia von Vieregge tritt ihren Dienst im Idsteiner Land mitten in dem großen Transformationsprozess der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) an. Dabei kann sie als „Neue“ unbeschwert „und auch mal dumme Fragen stellen“. Gleichzeitig bringt die Sichtweise von außen und die Erfahrungen aus dem Frankfurt Raum mit ein. Zudem bringen Dasbach und Niederseelbach ihre eigene Fusionserfahrung mit, die im Prozess hilfreich sein könne. „Wir sind kooperativ und gut verbunden“, sagt sie zuversichtlich. Antonia von Vieregge ist optimistisch: „Unser Gott will die Zukunft und die gilt es zu entdecken“, erklärt sie.
“An uns führt kein Weg vorbei”
Die Mutter von zwei Töchtern denkt schon jetzt in größeren geografischen Dimensionen. Besucht das neu geschaffene Familienzentrum in Niedernhausen und hört sich um, was die Menschen auch über die „Schwerpunkt-Dörfer“ hinaus bewegt. „Wir liegen mitten zwischen den zwei Kleinstädten Idstein und Niedernhausen mit unserer dörflichen Struktur. An uns führt kein Weg vorbei“, sagt sie selbstbewusst. Bei ihren ersten Begegnungen spürt sie ein großes Vertrauen der Menschen in die Evangelische Kirche, was sie sehr freut. Gleichzeitig erlebt sie, dass es viele gibt, die gar nicht wissen, was sie von Kirche erwarten dürfen. Etwa das große Feld der Seelsorge, also dass die Pfarrerinnen und Pfarrer ansprechbar sind bei persönlichen Fragen, bei Entscheidungen oder in existenzielle Lebenskrisen. „Wir sind da!“ so die Pfarrerin.
„Mir macht es Freude für die Menschen da zu sein, auch seelsorgerisch“, betont sie. „Und ich segne gerne“, sagt die mit einem Lachen. Es sei ein „Privileg ihres Berufes“, dass sie Netzwerke knüpfen und Menschen zusammenbringen könne. Sie freue sich darüber „gemeinsam mit den Menschen zu entdecken, was sie mit Gott erleben.“ Sie habe viel Gastfreundschaft, Offenheit und Hilfsbereitschaft in den ersten Wochen erlebt und freue sich sehr Menschen und ihre Geschichten kennen zu lernen.
Am 21. September wird Antonia von Vieregge um 14 Uhr in der Johanneskirche Niederseelbach offiziell in ihren Dienst in den Nachbarschaftsraum eingeführt. Im Anschluss gibt es einen Empfang um die alte Linde neben der Kirche. „Das Wochenende ist turbulent“, sagt sie mit einem Lachen. Mit einer Taufe am Samstag und davor dem Zelten der Konfirmanden um die Kirche herum zeigt sie, wie fröhlich und lebendig Kirche sein kann.