Dekanat Rheingau-Taunus

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Kabarettistische Kirchenführung

Dreibeiniger Sohn und Teufel in Mönchskutte

(c) Dekanat/ C. WeiseHerzog Wilhelm und Graf Johannes in der UnionskircheHerzog Wilhelm und Graf Johannes in der Unionskirche

Herzog trifft Graf. Auch wenn der Altersunterschied fast 200 Jahre beträgt, in der Idsteiner Unionskirche ist alles möglich. Bei der „Nacht der Kirchen“ zeigten die beiden Kirchenvorsteher Thomas Waldow (Herzog Wilhelm) und Jörg Fried (Graf Johannes) ihr schauspielerisches Können.

Der Graf, „wohl ein Ur-Ur-Ur Großonkel“ des Herzoges zeigte sich recht pikiert über die Störung seiner Totenruhe durch eine Kirchenführung des Herzogs. Gilt Graf Johannes doch als der Erbauer der einstigen Idsteiner Stadtkirche im 17. Jahrhundert. Herzog Wilhelm warf dem unbescheidenen und leicht modrig riechenden Graf vor, dass er die Pflege der Kirche sehr vernachlässigt habe. Auch weil „Graf Johannes den Boden der gräflichen Schatulle öfter sehen konnte, als ihm lieb war.“

Graf Johannes dagegen klagte vor den Besuchern über sein Leid als Protestant inmitten von katholischen Fürsten. Sogar sein Sohn Gustav-Adolf sei „verführt worden“ und zur Katholischen Kirche konvertiert. Das habe er aber nicht auf sich sitzen lassen.

Übermalter Sohn mit drei Beinen

Gesagt getan. Denn die kleinen historisch-kabarettistischen Scharmützel führten den Besuchern so manches verborgene Detail vor Augen. Vor allem die Deckenbilder waren im Fokus der beiden Adligen. Nachdem der Sohn des Grafen „abtrünnig“ geworden sei, habe der Graf ein Deckengemälde, auf dem sein Sohn Gustav-Adolf einst zu sehen war übermalen lassen. „Ihr meint die etwas unförmige schwarze Gestalt auf diesem Bild, das die Hochzeit von Kanaan darstellt?“, fragte der Herzog. Leider hätten die Maler nicht ganz Arbeit geleistet, musste der Graf gestehen und noch etwas entdeckte er: „Aber was müssen meine trüben Augen jetzt erkennen? Hat doch der Maler tatsächlich noch das grünbestrumpfte Bein so gelassen und einen nunmehr dreibeinigen Herrn geschaffen.“

Beim Lieblingsbild des Grafen, der Versuchung Christi, stutzt dagegen der Herzog: Denn auf dem Bild ist nur „ein braver Franziskaner Mönch zu entdecken.“ Man müsse schon genau hinschauen, um den Versucher zu erkennen, belehrt der Graf den Herzog. „Aber sehr Ihr bei genauer Betrachtung seinen linken Hinkefuß und den Teufelsschwanz aus der Kutte vorkommen?“

„Weibsbilder als Herrscher und predigen in der Kirche“

Das Weltbild des Grafen kommt während der knapp einstündigen Kirchenführung gewaltig ins Wanken. Sind doch seine größten Befürchtungen wahr heute geworden: „Meine Güte, man kann doch die göttliche Ordnung nicht derart auf den Kopf stellen, womöglich wählt man noch ein Weibsbild zum Herrscher und lässt Frauen in der Kirche predigen“, so Graf Johannes konsterniert und unter dem Gelächter der Besucherinnen und Besucher. Aber es werden auch ernste Themen angesprochen. Etwa, dass der als Frauenhasser und unter Verfolgungswahn verrufene Graf verantwortlich für die Hexenverfolgung in der Stadt im Jahr 1676, war, bei der 39 Frauen und Männer ums Leben kamen.

Dank an Spender nimmt breiten Raum ein

Der Dank stand bei der Kirchengemeinde Idstein an diesem Abend im Vordergrund. Deshalb kam dieser bei beiden prachtvoll gekleideten Darstellern nicht zu kurz. Herzog Wilhelm kommt ins Schwärmen, weil die Kirche wieder in ihrem ursprünglichen Glanz erstrahlt, und verneigte sich vor dem Publikum und den vielen Menschen, die in den letzten Jahren über 600.000 Euro dafür aufgebracht haben.

 

„Beim gemeinsamen Abendmahl wird Palme umgedreht“

Der Graf, alias Jörg Fried versteht indes auch die Welt in „seiner Kirche“ nicht mehr. Als er die umgedrehten Palmen an den neuen Unionsfenstern sagt er schadenfreudig: „Diese Palmen entdeckte ich auch an den beiden Fenstern dort vorne. Aber seht selber mein junger Freund, wer hat die Fensterbauer beaufsichtigt. Ist denn niemanden aufgefallen, dass der Bauplan verkehrt herum gehalten wurde!“ merkt der Graf unter dem Gelächter der Besucher an. Thomas Waldow als Herzog hat eine erstaunliche Antwort parat: Die Palme stehe absichtlich auf dem Kopf. Die Künstlerin, Angelika Weingart wolle die Betrachter mit der umgedrehten Palme einladen, „das Unmögliche, das Absurde zu denken. Vor 200 Jahren hat sich niemand vorstellen können, dass Reformierte und Lutheraner gemeinsam das Abendmahl feiern“, so der Herzog und setzt noch einen drauf: „Heute kann sich noch niemand vorstellen, dass die Protesttanten und die Katholiken gemeinsam Abendmahl feiern. Wenn es denn einmal soweit ist, wird die Palme umgedreht.“

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